Wir danken allen „Freunden des IAI“, die 2018 das Motto Entdecke Lateinamerika neu in Berlin mit Leben gefüllt haben. Und sagen zum Jahreswechsel: Hasta luego! Bis 2019! Mit einer philosophischen Glosse aus der Feder des kubanischen Feuilleton-Journalisten Fernando Campoamor (1914-2001), der dem Vergänglichkeitsmoment, das dem Gang des Lebens und der Welt innewohnt, kubanische Aphorismen abgewinnen konnte:
„¿Qué hubo? – Was war los?‘, so lautet für gewöhnlich unser kreolischer Gruß, mit dem wir das andernorts gebrauchte ‚Wie geht’s?‘ ersetzen. Die Frage zittert in der Luft und hinterläßt eine leichte Spur am Himmel, wenn sie die Gegenwart streift und dann doch wieder eine Schleife zurück in die Vergangenheit zieht. Was war los? In der Frage schwingt Begierde mit, etwas über die Gegenwart zu erfahren, auf die sie sich bezieht. Und trotzdem bleibt sie weiterhin im Gestern verhaftet.
¡En la lucha! – ‚Immer im Kampf!‘ Ob der Angesprochene Anwalt ist oder Fabrikarbeiter, ob er gerade schreibt, frühstückt oder spazierengeht … das ist die ritualisierte Antwort auf die immer gleiche Frage: Man schlägt die Schlacht des Lebens, ohne sie näher zu präzisieren. Die Antwort sagt alles und trotzdem erfährt man nichts. Kurz und bündig weicht sie dem brutalen Zusammenstoß mit der Wirklichkeit aus. Solange man noch kämpft, zögert man die Bestimmungen des Schicksals hinaus.
Hasta luego – ‚Bis später‘. Eine bizarre, wunderbare Art, die Partie gegen die Zeit zu gewinnen. Eine Minute ist soviel wie ein Jahr, ein Jahr nicht mehr wert als eine Minute. Es können Wochen vergehen oder Jahrhunderte. Letzten Endes dauert alles nur ‚bis später‘. Eine tragische Philosophie der Unbekümmertheit. Mit einem einfachen Gruß weicht unsere kubanische Seele vor nichts Geringerem als der Ewigkeit aus.“
Textquelle: Fernando Campoamor in Diario de la Marina 1957
Bild: El hogar. – Buenos Aires, 1906-1963 ; 26.1930,19.Dez.=Nr. 1105 (Cover) https://digital.iai.spk-berlin.de/viewer/image/798880651/1/LOG_0003/