Eine Beziehung, die nicht rostet.
In Zeiten lateinamerikanischer Militärdiktaturen waren es die politischen Emigranten, die in Berlin (Ost und West) ‚überwinterten‘ und von hier aus auf die unter den Diktaturen leidende Kultur ihrer Länder hinwiesen. Später entdeckten die Künstler*innen und Kreativen das Potential Berlins und machten die Stadt zu ihrem Lebensmittelpunkt. Die hiesige lateinamerikanische Szene sei zwar klein, aber sie wachse, sagt der Publizist Timo Berger, Mitbegründer und Organisator des lateinamerikanischen Poesiefestivals Latinale. Er hat einen Berliner Stadtplan der besonderen Art entworfen, auf dem Orte eingetragen sind, die mit dieser ständig sich wandelnden Szene in Verbindung stehen. Was die Wahlberliner aus Mexiko-Stadt und Buenos Aires außer der Sprache verbindet, ist die Lust an der Entdeckung ihrer Heimatländer aus Berliner Perspektive. Politisch und kulturell. So tauchten zum Beispiel in den vergangenen Wochen an verschiedenen Stellen Berlins Flugblätter auf, die auf das Schicksal der aktuell bekanntesten Gefangenen Argentiniens hinwiesen:
Mehr zum Fall der nicht rechtskräftig verurteilten Basisaktivistin Milagro Sala hier. Salas Landsleute in Berlin mobilisierten die Berliner Öffentlichkeit, um ihre Freilassung zu bewirken. Die Akademie der Künste, die mit Jeanine Meerapfel eine Argentinierin zur Präsidentin hat, hat sich den Protesten angeschlossen und mit einem Offenen Brief an den argentinischen Botschafter in Berlin gewandt.
Die Berliner Latino Community sei vielleicht nicht die größte in einer europäischen Hauptstadt, aber eine der aktivsten, sagt denn auch der Berliner Kulturjournalist Peter B. Schumann, der als langjähriges Vorstandsmitglied der Freunde des IAI und Organisator zahlreicher Kultur-Veranstaltungen selbst sehr viel dazu beigetragen hat, diese rege Szene über die Grenzen der Hauptstadt hinaus bekannt zu machen. Nachdem er ihre geistig und kulturell schöpferischsten Persönlichkeiten über Jahrzehnte hinweg für den deutschen Hörfunk interviewt und porträtiert hat, kommt er zu dem Schluss, dass die Latino-Gemeinde die Metropole allmählich zu ihrer heimlichen Kulturhauptstadt in Europa gemacht hat. Und genau unter diesem Motto lädt er am kommenden Wochenende im Deutschlandfunk zu einer Langen Nacht über die heimliche Kulturhauptstadt der Lateinamerikaner ein, in der er fast fünf Jahrzehnte lateinamerikanisches Leben und Wirken in Berlin Revue passieren lässt, wobei das Hauptaugenmerk drei wesentlichen Aspekten gilt: der Literatur, dem Film und dem Tango.
Sendungen:
Samstag, 24. November, 23:05, Deutschlandfunk
Sonntag, 25. November, 00:05, Deutschlandfunk Kultur
Die Lange Nacht ist noch eine Woche nach der Ausstrahlung Online zu hören – für Deutschlandfunk unter diesem Link
und für Deutschlandfunk Kultur gilt dieser Link
Fotos: Milagro-Sala-Flugblatt. Verwendung mit freundlicher Genehmigung durch ©Sandra Feferbaum Siemsen. Verleihung des Anna-Seghers-Stipendiums der Akademie der Künste an die nicaraguanische Schriftstellerin Gioconda Belli und den chilenischen Schriftsteller Ramon Diaz Eterovic. Berlin, 19. Mai 1989. Wikimedia Commons. Überlassen vom Bundesarchiv. ‚Bild 183-1989-0519-022‘.